top of page
MM6-German-ebook Large.jpg
Wie der Lord
seine Lady heiratete
Liebeswirren #6

Liebe kann man nicht erzwingen, man muss auf den perfekten Moment warten, um sie zu finden.

​

Die Liebe, die sie für ihn empfand, war eine Last, die sie in ihrem Herzen trug. Das Erbe seiner Familie hielt ihn davon ab, sein Herz für ihre Liebe zu öffnen. Konnten sie ihre Zweifel überwinden und ein Leben in Liebe teilen?

​

Abigail Cason war eine Träumerin. Seit sie ihrem Ritter in glänzender Rüstung begegnet war, gehörte ihr Herz nur ihm. Die Freundschaft, die sie mit ihm teilte, ließ sie glauben, dass er sie bitten würde, seine Braut zu werden. Trotz seines Versprechens, eine andere zu heiraten, träumte Abigail immer noch von dem Unmöglichen. Nach seiner geplatzten Verlobung glaubte sie, ihre Träume würden wahr werden. Mit jedem gestohlenen Kuss erwartete sie sehnsüchtig seinen Antrag. Dieser stellte sich jedoch als ein verpflichtendes Angebot heraus. Während ihres gesamten Lebens war sie eine Verpflichtung gewesen, und sie weigerte sich, ihre Ehe auf die gleiche Weise zu verbringen. Egal, wie sehr sie ihn liebte. Würde sie jemals seiner Liebe würdig sein?

​

Lucas Gray spürte die Last der Verantwortung auf seinen Schultern. Sein Herz zog ihn in die entgegengesetzte Richtung von dem, wo er stehen musste. Aber das berauschende Versprechen süßer Küsse lockte ihn dazu, die Dame zu verführen, nach der er sich sehnte. Er hatte die Pflicht, gut zu heiraten, und sein Vater verschaffte ihm eine Braut, die würdig genug für die Ehe war. Nachdem seine Zukünftige ihn verlassen hatte, konnte er selbst entscheiden, wen er zur Ehefrau haben wollte. Abigail ließ ihn von dem Unmöglichen träumen. Doch sie hatte keinen gesellschaftlichen Status. Nur ein Herz voller Liebe für ihn. Konnte er mit der Liebe, die er für sie empfand, ein neues Erbe aufbauen?

Das Schicksal wollte, dass sich ihre beiden Seelen vereinen. Eine Familie, die alles riskiert hat, um die Verbindung zum Erfolg zu führen. Werden Abigail und Lucas zulassen, dass ihre Zweifel sie voneinander trennen? Oder werden sie ihre Träume wahr werden lassen?

​

»Wie der Lord seine Lady heiratete« ist das letzte Buch der Liebeswirren-Serie von Laura A. Barnes. Wenn Sie die Wirrungen der Liebe mögen, dann werden Sie Lucas und Abigails traumhafte Romanze lieben.

​

Verschlingen Sie noch heute »Wie der Lord seine Lady heiratete«!

Hardcover

Amazon-logo.jpg

Paperback

Amazon-logo.jpg
1024px-Barnes_&_Noble_logo.svg.png
books2read_2_color_logo-588x150-300x76_e

eBook

Amazon-Kindle-Logo-800x500.png
B&N_nook_Logo.png
apple badge.png
RakutenKobo_horizontal_RedOnWhite_CMYK.p
google-play-badge.png
books2read_2_color_logo-588x150-300x76_e
Kapitel Eins

 

Abigail faltete den Brief, schob ihn zurück in den Umschlag und legte ihn in ihren Schoß. Ihr Schicksal würde einen anderen Weg einschlagen, wenn sie die in dem Schreiben dargelegten Pläne in die Tat umsetzte. Sie würde dem Duke of Colebourne nicht länger zur Last fallen.

Oder ein Hindernis für seinen Sohn sein.

       Sie stieß einen tiefen Seufzer aus, als sie über ihre Möglichkeiten nachdachte. Momentan standen ihr dank ihrer Freundschaften, ja sogar dank ihrer Familie, alle Möglichkeiten offen. Sie hatte jedoch das Gefühl, dass sie, wenn sie ihre Angebote annahm, die Last ihres Wohlergehens von Colebourne auf sie übertragen würde. Sie wollte Gemma während der letzten Phase ihrer Schwangerschaft zur Seite stehen und ihr mit dem Neugeborenen helfen, aber es war an der Zeit, die Bande zu durchtrennen. Wenn nicht, würde sie aus Mitleid von einem Haushalt zum nächsten wandern, obwohl sie tief im Inneren wusste, dass ihre Familie ihre Großzügigkeit nicht in diesem Sinne sah. Aber es würde sie davon abhalten, ihr eigenes Glück zu finden.

       Abigail kuschelte sich tiefer in den Sessel und wickelte den Schal fester um sich, um sich vor der Kälte zu schützen. Sie sollte das Fenster schließen, das sie geöffnet hatte, aber sie empfand die frische Luft als angenehm. Sie erinnerte sie an die frühen Morgenspaziergänge, die sie mit ihrer Mutter unternommen hatte, bevor diese ihren Arbeitstag begann. Es verging kein Tag, an dem sie ihre Mutter nicht vermisste und die Einfachheit des Lebens, das sie geführt hatten.

       Ihr Blick wanderte durch den Raum, und ein Teil von ihr hoffte, dass er die Antwort auf ihr Dilemma enthielt. Immer wenn sie ihre Mutter vermisste, zog sie sich in den kleinen Salon zurück, den der Duke einst für seine verstorbene Ehefrau eingerichtet hatte. Abigail fühlte sich mit der verstorbenen Duchess und dem besonderen Salon, den sie mit dem Duke und ihrem Kind geteilt hatte, verbunden. Der Raum gab ihr das Gefühl, Teil der kleinen Familie zu sein. Was absurd war, da eben jenes Kind nun ein erwachsener Mann und Abigail ein Dorn im Auge war.

       Ein Dorn, den sie von ganzem Herzen liebte.

       Nur dass sie ihm nicht im Geringsten wichtig war. Sein Verhalten im vergangenen Jahr bewies das. Einst verband sie eine besondere Freundschaft, eine, die sie mit niemandem sonst teilten. Ihre Beziehung hatte sich verschlechtert, als der Duke seine Schützlinge mit den Gentlemen seiner Wahl zusammenbringen wollte. Sie hatte begriffen, wie Lucas Gray sie betrachtete. Er hielt sie nicht für würdiger als alle anderen Bediensteten des Hauses.

       Obgleich sie keine Dienerin war, da der Duke of Colebourne sie nicht anders erzogen hatte als seine Nichten, ließ die feine Gesellschaft Abigail ihren Stand nie vergessen. Für sie würde sie immer zur Unterschicht gehören, ganz gleich, wie teuer ihr Kleid auch sein mochte, wie hoch die Ausbildung war, die der Duke ihr angedeihen ließ, oder die Mitgift, die Colebourne für ihren Bräutigam beiseitegelegt hatte. Und offenbar betrachtete Lucas sie auf dieselbe Weise. Falsch, sie würde ihn nur noch mit Lord Gray ansprechen.

       Abigail Cason war unter seinem Niveau, und jede seiner Handlungen seit dem letzten Frühjahr bewies, wie dumm sie war, das Gegenteil zu glauben.

       Es war an der Zeit, sich zu entscheiden. Sollte sie das Angebot von Lord Ross annehmen, sich um seine beiden jungen Töchter zu kümmern, oder auf Colebourne Manor bleiben? Wenn sie blieb, musste sie akzeptieren, dass sie eines schicksalhaften Tages mit ansehen musste, wie Lucas heiratete und eine Familie mit einer Frau gründete, die er als standesgemäß ansah. Die ständige Erinnerung daran würde ihre Seele zermalmen. Allein dieser Grund machte ihr die Entscheidung leicht. Sosehr es sie auch schmerzen würde, ihre Familie zu verlassen, es war der einzige Weg.

       Lord Ross hatte seine Güte unter Beweis gestellt, indem er Abigail die Stelle erneut anbot, als sie sie nach den Ferien nicht annehmen konnte. Colebourne war nach ihrer Rückkehr von den Forresters krank geworden, und sie war geblieben, um ihn wieder gesundzupflegen. Nun, da er sich erholt und ihr seine Erlaubnis erteilt hatte, war es für Abigail an der Zeit, Lord Ross’ Bitte nachzukommen. Er wollte, dass sie ihre neue Stelle sofort antrat. Er war mit seinen Kindern nach London gereist, aber die Gouvernante, die er eingestellt hatte, hatte gekündigt. Das Mädchen hatte sich offenbar nach ihrer Ankunft in London in einen Ladenbesitzer verliebt und wollte in einem Monat heiraten. Sie hatte sich jedoch bereit erklärt, bis zu Abigails Ankunft zu bleiben.

       Abigail musste nur noch ein Versprechen erfüllen, bevor sie einen Neuanfang wagte. Der Duke veranstaltete ein Abendessen, um seinen Erfolg bei der Suche nach Ehepartnern für seine Nichten zu feiern. Die Feier, die an diesem Wochenende stattfand, war der Jahrestag, an dem er mit seinem Verkupplungswahn begann. Vor einem Jahr hatte der Duke eine Hausparty veranstaltet, mit der ein Jahr voller Intrigen, Manipulationen und mehr Liebe begann, als man sich vorstellen konnte. Ihre Freundinnen hatten ihre Seelenverwandten gefunden, und Abigail fand Gefallen an ihren Verbindungen. Das Abendessen war jedoch nur eine bittersüße Erinnerung daran, dass der Duke keine erfolgreiche Verbindung zwischen Abigail und Lucas herbeiführen konnte.

Sie hatte Colebourne versprochen, nicht zu gehen, bevor die Feierlichkeiten vorbei waren. Dann würde sie mit der Familie nach London reisen, wo die anderen die Saison genießen und sie ihre neue Stelle antreten würde. Ein Neuanfang, auf den sie sich konzentrieren konnte, anstatt einer verlorenen Liebe nachzutrauern, die nie eine Chance hatte.

       »Da bist du ja. Ich habe schon überall nach dir gesucht.« Lucas schlenderte in den Salon und stellte sich direkt vor sie, um mit seiner fordernden Präsenz ihre Aufmerksamkeit zu erregen.

       Als er einen Blick auf den Brief auf ihrem Schoß warf, legte sie ihre Hand darüber. »Braucht Euer Vater mich, Lord Gray? Er sagte, er wolle sich nach dem Mittagessen ausruhen, bevor alle ankommen.«

       Lucas’ Augenbrauen zogen sich zusammen. »Hast du wieder einen Brief von Selina erhalten? Ihr beide seid ziemlich eng befreundet.«

       »Ja, das habe ich. Aber dieser Brief ist nicht von Selina.«

       »Dann muss er von Gemma sein.« Lucas lachte. »Sie kann es kaum erwarten, bis sie hier ist, um den neuesten Klatsch und Tratsch mit dir zu teilen. Kein Wunder, schließlich seid ihr beide unzertrennlich.«

       Abigail räusperte sich. Sie hatte gehofft, dieses Thema mit Lucas vermeiden zu können, bis sie nach London abreisten. Also versuchte sie, sich noch einmal nach dem Duke zu erkundigen. »Er ist auch nicht von Gemma. Benötigt Euer Vater meine Aufmerksamkeit?«

       Lucas runzelte die Stirn. Offensichtlich wollte Abigail ihm nicht sagen, von wem der Brief stammte. Aber ihre Geheimniskrämerei in letzter Zeit machte ihn nur noch neugieriger auf ihre Pläne für die Zukunft. Er hatte egoistische Gründe, warum er wollte, dass Abigail auf Colebourne Manor blieb, vor allem, da alle seine Cousinen geheiratet und das Haus verlassen hatten, um ihr neues Leben zu beginnen. Aber dies war Abbys Zuhause, genauso wie es seines war. Sie gehörte hierher, und es war seine Aufgabe, sie zur Vernunft zu bringen.

       Da der Brief weder von Gemma noch von Selina stammte und sie den Absender weiterhin verheimlichte, musste er von Lord Ross stammen, dem Earl, der Abigail überreden wollte, Gouvernante seiner Kinder zu werden. Lucas wusste wenig über den Earl, außer dass er in Nordschottland wohnte, wenn er nicht gerade in London weilte. Tatsächlich war nur wenig über den angesehenen Lord Ross bekannt, über den Gentleman gab es nur Gerüchte und Hörensagen.

       »Nein. Er ruht sich noch aus. Und bitte, hör auf mit diesen albernen Förmlichkeiten.«

       »Gibt es dann etwas, das ich für Euch tun kann, Lord Gray? Da Ihr das Anwesen nach mir durchsucht habt, muss es wichtig sein.«

       Lucas seufzte. »Musst du mit dieser Lord Gray-Sache weitermachen? Ich dachte, wir hätten einen Waffenstillstand geschlossen, als wir uns um meinen Vater gekümmert haben.«

       Das hatten sie, aber Abigails Herz mahnte sie, eine emotionale Distanz zu Lucas zu wahren. Andernfalls würde sie sich fragen, wo sie mit ihm stand. Sein Verhalten in den vergangenen Monaten ließ sie bereits an der Stärke des Bandes ihrer Freundschaft zweifeln. Sie hatte es als Liebe fehlinterpretiert. Lucas hatte ihr eine seltene Seite von sich gezeigt, und sie hatte sich vorgemacht, dass sie eine Chance als Paar hätten.

       Während sich seine Cousinen jedoch in ihn verliebten, hatte er seinen wahren Charakter gezeigt. Er war ein aufgeblasener, arroganter Mann, der ihr mit seinem gefühllosen Verhalten das Herz brach. Jetzt, da sie die Weichen für die Zukunft gestellt hatte, musste sie auf der Hut sein. Wenn nicht, würde er sie für jeden anderen Mann ruinieren.

       Allerdings würde sie die nächste Woche das letzte Mal in seiner Gesellschaft verbringen, bevor sie das nächste Kapitel in ihrem Leben aufschlug. War sie es sich nicht schuldig, ihm noch eine Chance zu geben? Gott weiß, dass er sie nicht verdient hatte. Aber sie sehnte sich nach jeder Gelegenheit, Zeit in seiner Gesellschaft zu verbringen. Warum sollte sie das mit der Vergangenheit verderben? Man konnte seine Taten nicht auslöschen; man konnte nur nach vorn sehen und hoffen, dass sich die Vergangenheit nicht wiederholte. Sie wollte ihm eine Chance geben, sich zu rehabilitieren, bevor sie ging. Wenn nicht, dann war ihre Freundschaft vergebens gewesen.

       Abigail nickte. »Das haben wir. Ich bitte um Entschuldigung. Da dein Vater nicht um meine Aufmerksamkeit gebeten hat, nahm ich an, du wolltest mich über meine Zukunft belehren.«

       Lucas fuhr sich frustriert mit der Hand durch die Haare. Er hatte sie dazu gebracht, an seinem Handeln zu zweifeln und es infrage zu stellen. Sein rüpelhaftes Verhalten im vergangenen Jahr hatte ihn bei Abby in eine schwierige Lage gebracht. Er wollte sie zwar weiter über den Brief befragen, den sie in der Hand hielt, aber er wusste, dass es nur dazu führen würde, dass er von ihr verlangte, dass sie ihre törichten Vorstellungen, Gouvernante zu werden, fallen ließ. Das würde dazu führen, dass sie verärgert wegging und er ihre stillschweigende Missachtung ertragen müsste.

       Und im Moment würden die Neuigkeiten, die er ihr mitzuteilen hatte, nur dann zu seinem Vorteil sein, wenn er es anders anging. Es war seine einzige Chance, Abigail davon zu überzeugen, zu bleiben. Die Umstände hätten nicht perfekter sein können. Also beschloss er, ihre Bemerkung zu ignorieren.

       Sein Lächeln zeugte von Geduld mit ihr. »Nein. Ich habe dich aufgesucht, um dir mitzuteilen, dass der Bach über die Ufer getreten ist und sich die Ankunft unserer Gäste verzögert.«

       Abigail setzte sich nach vorn und bemerkte nicht, dass der Brief auf den Boden fiel. »Wie furchtbar. Wurde jemand verletzt?«

       »Nein. Zum Glück war niemand auf der Straße unterwegs, als es passierte. Sinclair und ich haben Männer geschickt, die Wache halten, damit niemand versucht, die Straße zu passieren. Sie werden unsere Gäste zu Sinclairs Haus umleiten, bis es sicher ist, nach Colebourne Manor zu reisen.«

       Abigail lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. Mit einem Lächeln ging sie auf seine Bemerkung ein. »Gäste? Lucas, sie sind deine Familie.«

       Lucas erwachte durch Abigails Lächeln zum Leben. Ihre Neckereien weckten in ihm den Wunsch, ihre süßen Lippen zu küssen. Doch er hielt sich zurück, wie er es immer tat. Er weigerte sich, sich auf das Niveau der Verführung einer unschuldigen Frau zu begeben. Auch wenn es mit jedem Tag, der verging, schwieriger wurde.

       »Das sind sie.« Er stöhnte. »Sie sind der Fluch meines Daseins.«

       Abigail warf ein kleines Kissen nach ihm. »Das sind sie nicht. Du liebst sie innig.«

       »Nicht sosehr, wie ich …« Lucas hielt inne, schockiert darüber, was er beinahe gesagt hätte. Er erholte sich schnell. »Die Ruhe und den Frieden des Anwesens liebe, wenn sie nicht da sind.«

       Abigail war ganz still geworden, als Lucas innehielt, nachdem er das Wort Liebe erwähnt hatte. Sie erhob sich abrupt, um Abstand zwischen sie zu bringen, bevor sie ihm ihre eigene Liebe gestand. »Nun, du sollst zumindest deinen Wunsch nach ein paar zusätzlichen Tagen bekommen.«

       Lucas erhob sich und trat näher an sie heran. Abigail wurde nervös, als sein Atem über ihre Wange strich, während er eine verirrte Haarsträhne hinter ihr Ohr strich. Sie schloss die Augen, als seine Finger über ihre Wange strichen. Ihr Herz begann bei dieser sanften Geste zu rasen.

       Lucas neigte den Kopf und flüsterte. »Ich hoffe, dass wir während dieser Wartezeit unsere Tage so füllen können, wie wir es früher getan haben.«

       Abigail schluckte. »Wie etwa?«

       »Ein oder zwei Schachpartien und ein paar Spaziergänge durch den Garten. Vielleicht unsere übliche Debatte über gut geschriebene Gedichte im Vergleich zu den Werken des absoluten Schunds, den du Romantik nennst«, neckte er sie, während seine Finger ihren Hals entlangfuhren.

       Abigail riss die Augen auf. »Meinst du nicht die Werke wahrer Dichter?«

       »Nein, Liebes. Du weißt ganz genau, was ich meinte.« Er strich mit dem Daumen über ihre Lippe und vergaß dabei das Versprechen, das er sich selbst gegeben hatte, sie nicht zu berühren.

       Abigails Mund öffnete sich bei seiner Berührung, und ihre Zunge fuhr heraus, um ihre trockenen Lippen zu befeuchten, aber sie leckte nur über seinen Daumen. Lucas’ Blick verfinsterte sich bei ihrem unschuldigen Verhalten, und er trat näher. Die Wärme seines Körpers hüllte sie in eine warme Umarmung, und sie sehnte sich danach, dass seine Arme sie umschlossen und ihr die restliche Kälte nahmen, die sie voneinander trennte. Als er den Kopf senkte, wich Abigail erschrocken zur Seite.

       Sie eilte zur Tür und kämpfte gegen ihren Wunsch an, sich von ihm küssen zu lassen. »Wenn die Gäste nicht kommen, muss ich mit Mrs. Oakes über die Mahlzeiten sprechen.«

       Lucas senkte den Kopf und zuckte bei dem Gedanken zusammen, was er beinahe getan hätte. Er war dabei gewesen, Abigail zu küssen. Er hatte keine Ausrede, aber als ihre Zunge über seinen Daumen strich, verlor er jeden rationalen Gedanken und wollte nur noch seiner Fantasie frönen.

       »Abigail«, begann er sich zu entschuldigen, aber der Brief, den sie fallen ließ, erregte seine Aufmerksamkeit. Er bückte sich, um ihn aufzuheben, und stellte fest, dass der Absender ein gewisser Lord Ross war. »Du kannst doch nicht immer noch über die Rolle der Gouvernante nachdenken?«, fragte Lucas nach.

       Abigail hielt inne und drehte sich ob Lucas’ barschen Ton um. Er hielt den Brief von Lord Ross in der Hand. Sie musste ihn fallen gelassen haben, als er sie mit seiner Aufmerksamkeit ablenkte. Abigail stürmte auf ihn zu, wobei ihr Verlangen schnell in Wut umschlug. »Ich denke nicht nur darüber nach, sondern ich habe Lord Ross’ Angebot angenommen. Ich werde meine Stelle antreten, sobald wir nach London reisen. Du wirst in dieser Saison nicht in die Verlegenheit kommen, dass ich an deinen gesellschaftlichen Anlässen teilnehme. Stattdessen werde ich meine Pflichten an meinem eigentlichen Platz erfüllen. Den Platz einer Dienerin im Haus eines Lords der feinen Gesellschaft.«

       Sie griff nach dem Brief, aber Lucas hielt ihr Handgelenk mit der anderen Hand fest. Selbst in ihrer Frustration kribbelte ihre Haut unter seiner Berührung. Ihr Körper verriet sie mit dem Wunsch, dass er sie in seine Arme schloss und jedes Hindernis auf ihrem Weg zueinander weg küsste.

        »Du missverstehst meine Absichten.«

        »Das tue ich nicht. Du hast dich klar und deutlich ausgedrückt, wie du mich siehst. Außerdem geht es dich nichts an, wie ich mein Leben lebe.« Sie zog ihren Arm weg und riss ihm den Brief aus der Hand.

       Lucas knurrte. »Du bist die nervigste Frau, die ich je gekannt habe.«

       Abigail starrte Lucas an. »Nun, dann müssen wir diese Eigenschaft eben zu deiner Liste über meinen Charakter hinzufügen.«

       Sie wusste nicht, wie er sie sah. Er kannte die Tiefen ihres Charakters besser als jeder andere. Selbst jetzt, als sie wütend vor ihm stand, besaß sie eine Anmut wie keine andere Frau. Ihr feuriger Blick verdunkelte sich zu einem üppigen grünen Wald voller geheimnisvoller Gefahren. Sein Verlangen wurde stärker, als ihre Körperhaltung Angriffslust signalisierte. Abigails Brüste hoben sich mit jedem ihrer erregten Atemzüge, und ihre Brustwarzen spannten sich unter seinem kühnen Blick. Er wollte sie in seine Arme ziehen und ihr das Grollen von den Lippen küssen. Doch statt seine Begierde auszuleben, provozierte er ihren Zorn weiter.

       »Ich werde auch auflisten, wie naiv du bist, für einen Mann zu arbeiten, von dem noch nie jemand etwas gehört hat«, spottete Lucas.

       »Lord Ross ist ein Gentleman mit starken schottischen Bindungen«, argumentierte Abigail.

       »Und wer hat dieses Wissen vermittelt?«

       Ein selbstgefälliges Lächeln breitete sich auf Abigails Gesicht aus. »Dein Vater.«

       Lucas verengte seinen Blick. »Ganz genau. Damit wäre mein Standpunkt bewiesen.«

       Abigail trat vor und stieß ihren Finger in Lucas’ Brust. Mit jedem Punkt, den sie erklärte, drückte ihr Finger fester hinein. »Der einzige Punkt, der heute bewiesen wurde, ist dein unerträgliches Bedürfnis, mein Leben zu bestimmen. Der zweite ist deine überhebliche, eingebildete Arroganz. Und schließlich solltest du dir wünschen, auch nur ein Quäntchen von der Integrität zu besitzen, die Lord Ross innehat. Er hat mit seinem Angebot nichts als Großzügigkeit gezeigt, ganz zu schweigen von seiner freundlichen Wertschätzung, wenn wir korrespondieren. Du könntest von Lord Ross eine Menge darüber lernen, wie man eine Dame behandelt. Oh, ich bitte um Entschuldigung, ich meine eine Dienerin.« Abigail knurrte ihre letzte Bemerkung, bevor sie aus dem Salon stürmte.

       Lucas sah zu, wie Abigail ging und rieb sich die Stelle auf der Brust, an der sie ihn berührt hatte. Er versuchte, die brennende Hitze aufzusaugen, aber sie verschwand so schnell wie die Frau selbst. Und er betrachtete sie als eine Dame. Eine, die so vornehm war, dass sie mit keiner anderen verglichen werden konnte. Vielleicht hatte er ihr Temperament gereizt und sich mit seinen verletzenden Bemerkungen noch mehr Ärger eingehandelt, aber das war es wert, um ihre Berührung zu erleben.

       Lucas schüttelte den Kopf. Er war endgültig in die Tiefen des Wahnsinns gefallen, unter denen seine Familie litt. Jetzt fragte er sich, wie er jemals wieder herauskommen sollte.

       Und wollte er das überhaupt?

Copyright © 2025 by Laura A. Barnes                                                                                                  Privacy Policy

​

As an Amazon Associate I earn from qualifying purchases.

bottom of page